23. Dezember 2019

Ein Rätsel: Warum gab es 2019 nicht mehr Insolvenzen?

Nach aktuellen Erhebungen sind in diesem Jahr 19.400 Unternehmen in die Insolvenz gegangen. Doch warum sind es trotz eines wirtschaftlich schwierigen Jahres 2019 nicht mehr Insolvenzen? Und kommt das dicke Ende womöglich noch? Ganz im weihnachtlichen Sinne stellen wir Ihnen (und uns) ein Rätsel.

Jahr für Jahr gingen die Insolvenzzahlen zurück, in diesem Jahr bleiben sie erstmals seit zehn Jahren auf einem Niveau stehen: 19.400 Unternehmen sollen einer Creditreform-Erhebung zufolge im Jahr 2019 Insolvenz angemeldet haben. Im vergangenen Jahr zählte man 19.410 Unternehmen. Zwar ganz knapp, aber dennoch: es sind so wenige Unternehmensinsolvenzen wie seit 25 Jahren nicht mehr.

Unternehmensinsolvenzen Deutschland 2019
Entwicklung der Unternehmens­insolvenzen in Deutschland. Grafik: Creditreform.de

Schlechte Schlagzeilen, aber schlechte Zahlen bringen sie nicht?

Das mag verwunderlich sein, wenn wir uns die Schlagzeilen des Jahres ansehen: „Kurzarbeit, Entlassungen und weniger Stellenausschreibungen: Die Rezession erreicht die Bevölkerung„, schrieben wir im September. „Konjunktur in Deutschland und der Welt: Graue Aussichten“, im Juli. „Der Sturm ist da„, im April. In unserem Arbeitsalltag beobachteten wir mehr Zahlungsverzögerungen und schließlich auch -ausfälle. Und natürlich: Wir sahen große Insolvenzen wie die des Großbuchhändlers KNV, von Thomas Cook und Senvion, vom Anlagenbauer Eisenmann oder von Automobilzulieferern wie Weber Automotive und den Gusswerken Saarbrücken. Dennoch blieb das große Abrutschen weiterer Unternehmen bislang aus. Warum?

Eine Erklärung liefert uns Creditreform mit: Die wirtschaftlich sehr guten Jahre ab 2010 haben ihrer Einschätzung nach – trotz der aktuellen Eintrübungen – spürbar positive Nachwirkungen im Insolvenzgeschehen. Das ist absolut nachvollziehbar, schließlich konnte die deutsche Wirtschaft insbesondere wegen ihrer Exportstärke in den vergangenen zehn Jahren wachsen. Das Bruttoinlandsprodukt stieg, die Arbeitslosenzahlen sanken, der Finanzminister jubilierte über satte Steuereinnahmen. Und dies sogar, während unsere europäischen Nachbarn über enorme Haushaltsdefizite, Jugendarbeitslosigkeit und eine schlechte Binnenkonjunktur klagten. Deutsche Unternehmen konnten relativ unbeeindruckt weiter agieren, Geschäfte machen, Investitionen tätigen, Geld zurücklegen. (Ob sie es immer so diszipliniert getan haben, steht auf einem anderen Blatt geschrieben.)

Verschuldete Unternehmen, aber Zombies sind es nicht?

Das ist aber nicht alles: Bereits vor einem Jahr berichteten wir an dieser Stelle über möglicherweise existierende Zombiefirmen. Unternehmen, die sich dank niedriger Zinsen in den vergangenen Jahren immer wieder vor der Insolvenz retten konnten. Die möglicherweise schon längst zahlungsunfähig wären, hätte ein neuer Kredit ihnen nicht liquide Mittel zum Nulltarif beschafft. Auf diese Gefahr weist aktuell auch ein Artikel der Zeitung „Die Welt“ hin, der sich wiederum auf einen noch nicht veröffentlichten Bericht des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) beruft. Auch darin wird untersucht, warum die „Pleitewahrscheinlichkeit“ immer weiter abnimmt.

Als wichtigsten Grund sehen die Experten auch hier die bessere Eigenkapitalausstattung der Unternehmen, dank starker Jahre seit 2010. Darüber hinaus nennen sie jedoch das „ausgesprochen niedrige“ Zinsniveau sowie einen „sehr leichten Zugang zu Krediten“. Dennoch zieht der Artikel eine optimistische Bilanz und zitiert mit Klaus-Heiner Röhl, Ökonom beim IW, und Gerit Vogt vom Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken gleich zwei Experten, die den meisten deutschen Unternehmen eine „solide Bilanzqualität“ attestieren. Stattdessen bringen sie eine weitere, zutiefst logische Erklärung hervor: Wo seit Jahren die Zahl der Unternehmensgründungen zurückgehe, dort können auch weniger Unternehmen in die Insolvenz gehen.

Schöne Worte, doch in Sicherheit wiegen dürfen wir uns nicht?

Nun mag man sich freuen über diese positive Einschätzung – gerade zu Weihnachten und anlässlich eines versöhnlichen Jahresendes fällt uns allen das leichter. Man darf aber ruhig auch wachsam bleiben, denn: Für das nächste Jahr rechnet Creditreform mit einem leichten Anstieg der Firmenpleiten auf 19.800. Schon in diesem Jahr mussten Gläubiger größere Schäden hinnehmen: durchschnittlich 856.000 Euro je Insolvenzgläubiger und je Insolvenz. Und ebenfalls bereits 2019 sind mehr Arbeitsplätze insolvenzbedingt weggefallen als im vergangenen Jahr, was sich wiederum negativ auf die Konsumlaune der Menschen auswirkt. Der Auskunftei Crifbürgel zufolge gehen über 310.000 Unternehmen in Deutschland mit finanziellen Problemen ins Jahr 2020.

Des Rätsels Lösung kann also nur lauten: Bleiben Sie wachsam. Prüfen Sie kritisch, wie im Weihnachtsmärchen, ob der Schuh passt: Sind Ihre Kunden und Geschäftspartner verlässlich? Hat sich ihr Zahlungslauf verlängert? Gibt es bereits Anlass zur Sorge? Stellen Sie außerdem Ihre eigene wirtschaftliche Existenz auf ein stabiles Fundament und sichern Sie sich ab, damit Sie im nächsten Jahr keine Angst vor Forderungsausfällen durch Insolvenzen oder gar einer Folgeinsolvenz haben müssen. Wir helfen Ihnen dabei.

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