23. Juli 2019

Konjunktur in Deutschland und der Welt: Graue Aussichten

Die Konjunktur in Deutschland steht unter Druck, in vielen Branchen verzeichnet man einen Nachfragerückgang. Coface stufte die Bundesrepublik bereits herab.

Die Nachrichten der vergangenen Monate, aber auch unsere eigenen Erfahrungen ließen es vermuten: In deutschen Unternehmen sieht es längst nicht mehr rosig aus. Während einzelne Wirtschaftszweige wie etwa der Einzelhandel oder die Automobilindustrie bereits seit einiger Zeit mit diversen Problemen zu kämpfen haben, trifft es nun auch Vorzeige-Branchen wie den Maschinen- und Anlagenbau, der sich mit weniger Aufträgen und weniger Exporten konfrontiert sieht. Doch auch weltweit ist mit Wachstumsrückgängen zu rechnen.

Länderrisiko Deutschland Konjunktur
Weltkarte der Länderrisiken, Juli 2019. Coface reagierte auf die geringere Konjunktur in Deutschland mit einer Herabstufung. (c) Coface, Download im Großformat (PDF).

Handelskonflikte schwächen die Weltkonjunktur

Fortschreitender Protektionismus, verhängnisvoll verquickt mit ungelösten politischen Krisen und Entscheidungen: Das ist es, was die Wirtschaft jedes Landes über kurz oder lang schwächt. Auch wenn uns beispielsweise hierzulande die Inflation in Venezuela sehr weit weg erscheint, ihr Einfluss auf die Schwellenländer trifft uns auch. Auch wenn Präsident Trump seine Handelsschranken zunächst nur auf die Stahlbranche und die Automobilindustrie richtete, die Unwägbarkeit weiterer Zölle lässt alle Branchen schwieriger planen. Oder: Auch wenn Ihr Unternehmen selbst keine Handelsbeziehungen nach Großbritannien pflegt – Ihre Zulieferer hängen aber möglicherweise an Warenflüssen über die Insel und müssen wegen des andauernd ungelösten Brexits nun enormen personellen, organisatorischen und finanziellen Aufwand betreiben, um ihr Geschäft zu sichern. Und auch das kann sich mittelfristig auf Ihre Geschäftsbeziehung auswirken. Letztlich ist unsere Konjunktur zudem wesentlich von der Konsumfreude der Menschen abhängig – und haben diese das Gefühl einer aufkommenden Wirtschaftskrise, halten sie ihr Geld erfahrungsgemäß beisammen. Und spätestens dann ist auch der Handel betroffen.

In einer global vernetzten Welt sind vielleicht nicht alle Unternehmen auf einen vollkommen freien Handel angewiesen, aber eines brauchen sie: Kalkulierbarkeit. Die Politik aber – national und international – kann diese aber seit einiger Zeit nicht gewährleisten. Zu viele Fragen bleiben offen, zu viele Konflikte ungelöst. Als sich der Knoten um den Brexit immer weiter verhedderte und zuzog, begannen viele Unternehmen aus reiner Notwehr, selbst vorzusorgen. Genau das hindert sie aber in ihrem eigentlichen Tun: Sie haben weniger Kapazitäten zum Wirtschaften und Investieren.

Konjunktur in Deutschland schwächelt

Zwar noch selten, aber es gibt sie wieder: Kurzarbeit. Einzelne Unternehmen aus Automobilindustrie und Maschinenbau müssen wieder auf die Gelder vom Amt zurückgreifen, um ihre Arbeitnehmer zu bezahlen, während wegen Auftrittsrückgängen die Maschinen stillstehen. Es folgen weniger Neueinstellungen und geringere Lohnzuwächse sowie, schlimmer noch, Entlassungen. Auch hier sind Auswirkungen auf den Konsum und damit die Konjunktur in Deutschland realistisch.

Der Kreditversicherer Coface reagierte nun auf die veränderten Vorzeichen: Im Länderrating verlor die Bundesrepublik ihre Bestnote und rutschte auf A2. „Die veränderte Länderbewertung steht im Zusammenhang mit einem deutlich erhöhten Risiko in wichtigen Branchen“, erklärte Coface-Volkswirtin Christiane von Berg. Auch Österreich wurde von A1 auf A2 herabgestuft, mit den Niederlanden, Norwegen, der Schweiz und Luxemburg gibt es jetzt nur noch vier Länder mit der Bestwertung A1. Kritisch sieht Coface die Branchen Automotive und Metall – ihnen bescheinigt der Versicherer ein „hohes Risiko“. Aber auch die Pharma- und die IuK-Branche bereiten Sorgen.

Hauptursache: Automobilindustrie

Zwar profitiere die deutsche Wirtschaft noch von einigen positiven makroökonomischen Fundamenten, wie einem guten privaten Haushaltskonsum und einem insgesamt dynamischen Arbeitsmarkt, erklärte Christiane von Berg. Dennoch sei seit dem Jahreswechsel Gegenwind aufgekommen. Kurz- bis mittelfristig seine keine Besserung der Branchenkonjunktur zu erwarten, es wird spürbar weniger produziert, und „auch der Auftragseingang im In- und Ausland ist negativ“, sagt Coface-Ökonomin von Berg: „Motor der Abschwächung ist die deutsche Automobilindustrie.“ Die Automobilproduktion ist von einer jährlichen Rate von 5 Prozent im Februar 2017 auf rund minus 12 Prozent im Frühjahr 2019 gesunken. Auch die Auftragseingänge und Exportzahlen sind auf Jahresbasis negativ. Das wiederum trifft auch die Metallindustrie, die hierzulande viele Vorprodukte für Autos zuliefert: Auch hier beobachtet man Auftrags- und Produktionsrückgänge.

Weitere Risikobranchen: IKT und Pharma

Dünner werde die Luft auch für Unternehmen aus der Information- und Kommunikationstechnik (IKT) sowie der Pharmabranche. Die Coface befürchtet etwa, dass die Unternehmen nach der milliardenschweren Versteigerung der 5G-Lizenzen jetzt weniger Geld für Investitionen in das eigentliche Netz erübrigen können. In der Pharmaindustrie hindern geringere Auftragszahlen und steigender Konkurrenzdruck durch internationale Hersteller das Wachstum.

Letztlich dürfte sich die Konjunktur- und Branchenproblematik auch auf die Insolvenzentwicklung auswirken. „Auch wenn nach dem schwachen ersten Quartal 2019 sich die Insolvenzen im Frühjahr wohl wieder etwas beruhigt haben, gehen wir für das Gesamtjahr von wieder insgesamt steigenden Insolvenzzahlen aus“, erklärt Christiane von Berg. Den Anstieg prognostiziert Coface für Deutschland mit 1 Prozent, für Westeuropa mit 2 Prozent.

Unser Rat

Wir beobachten seit längerem, dass es für einzelne Länder und Branchen schwieriger wird, ein Limit zu erhalten. Außerdem rechnen wir mit steigenden Prämien für eine Kreditversicherung. Dabei ist es gerade in Zeiten des Abschwungs und der höheren Risiken wesentlich, drohende Forderungsausfälle abzusichern. Eine Kreditversicherung kann dies erfüllen, indem sie ihre Versicherungsnehmer in erster Linie eng begleitet und regelmäßig über drohende Gefahren informiert. Die meisten Schäden können so von vornherein vermieden werden. Und wenn es doch zu einem Forderungsausfall kommt, springt die Versicherung ein.

Kümmern Sie sich jetzt um Ihre Risiken – auch die, die Ihnen zunächst entfernt erscheinen. Beschäftigen Sie sich eingehend mit Ihren Geschäftspartnern, prüfen Sie deren Warenströme und Abhängigkeiten, soweit es Ihnen möglich ist. Jetzt ist die Zeit, in der jeder Unternehmer genauer hinschauen sollte – aus Verantwortung gegenüber seinem Unternehmen und seiner Mitarbeiter.

Wir können Sie dabei unterstützen, sprechen Sie uns an.

Stichwörter: , , , , , , , ,