15. Oktober 2020

Drohender Limitentzug alarmiert die Branche

Mit dem Auslaufen des Schutzschirms der Bundesregierung zum 31. Dezember 2020 wackeln die Limite für Debitoren mit schwacher Bonität. Was Versicherungsnehmer gegen Limitentzug in der Corona-Krise tun können. 

Zahllose Unternehmen in Deutschland könnten sich ab Januar 2021 ohne aktiven Schutz vor Forderungsausfällen wiederfinden. Sie stünden dann vor der Wahl, ihren Gläubiger entweder auf eigenes Risiko Waren zu liefern – und gerade inmitten der wirtschaftlichen Unsicherheit der Corona-Pandemie ohne Partner an ihrer Seite ein sehr hohes Ausfallrisiko einzugehen. Oder:  Verbindungen zu ihren teilweise langjährigen Lieferanten kappen zu müssen und wiederum deren wirtschaftliches Fortbestehen zu gefährden. Und das alles in einem Jahr, in dem es ohnehin kaum belastbare Zahlen und Prognosen geben kann, mit denen jedes Unternehmen selbst sein Risiko eingrenzen kann. Die Gewinner von heute die Verlierer von morgen sein können, und einige Branchen wegen der Einschränkungen wie etwa der Verbote von Großveranstaltungen nahezu keine Chance haben, sich selbst aus der Misere zu befreien.

Warum droht der Entzug von Limiten?

Mit der Überprüfung und ggf. dem Entzug von Limiten müssen sich die Kreditversicherer für die Zeit nach dem staatlichen Schutzschirm schützen. In einem Abkommen zwischen Bund und Gesamtverband der Deutschen Versicherer (GDV) konnte im April eine Rückdeckung von 30 Milliarden Euro für Entschädigungszahlungen erreicht werden. Dafür verpflichteten sich die Versicherer Euler Hermes, Atradius, Coface und R+V, 65 Prozent ihrer Prämieneinnahmen für das Jahr 2020 an den Bund abzuführen und Verluste bis zu einer Höhe von 500 Millionen Euro selbst zu tragen. (Wir berichteten.)

Ziel des Schutzschirms: Alle Lieferbeziehungen zu sichern und Lieferketten damit stabil zu halten – vereinbart in einer Phase des Shutdowns, in der das öffentliche Leben in Deutschland nahezu stillstand und niemand wusste, wie sich das Jahr weiter gestalten würde. Eine Frist bis zum 31. Dezember 2020 schien damals – im Frühjahr – erleichternd lang. Nun aber brauchen sowohl Versicherer als auch deren Kunden neue Sicherheiten.

Ist auch Ihr Unternehmen betroffen?

Im Laufe der vergangenen Wochen zeigte sich, woran man die Entscheidung für oder wider ein Limit festmacht: die Bonitätsbewertung von Lieferanten der Versicherungsnehmer. Sind sie niedrig eingestuft, wird offenbar keine positive Limitentscheidung mehr getroffen. Diese recht pauschale Vorgehensweise hat jedoch ihre Tücken, denn statt individuell auf das jeweilige Unternehmen, sein Branchenumfeld und insbesondere die äußeren Bedingungen bezogen auf die Corona-Pandemie zu blicken, werden gewissermaßen einmal alle über einen Kamm geschert. Das Reiseunternehmen beispielsweise, das bis Ende 2019 verlässlich Gewinne abwarf, wird diesem Maßstab zufolge genauso hart von Limiten ausgeschlossen wie das Zombie-Unternehmen, das sich „eigentlich“ seit Jahren mehr oder minder mit billigen Krediten durchschlägt – und bei dem, anders als beim Reiseunternehmen, auch keine Chance auf Gesundung nach der Krise besteht.

Wie reagieren Branche und Bundesregierung auf den drohenden Limitentzug?

Die Kreditversicherungsmakler – selbstverständlich auch die VIA Delcredere GmbH – reagierten mit großer Sorge. In vielfachen Gesprächen verhandeln wir seit Bekanntwerden der Pläne über eine kundenfreundliche Lösung. Nämlich: Sicherung der Limite. Gegenwind zum Limitentzug kommt auch von den Factoringunternehmen: Sie, die gerade in dieser Zeit die Liquidität des deutschen Mittelstands sichern sollen, brauchen die Rückendeckung der Kreditversicherer, die wiederum eine Vielzahl der Factoringverträge schützen. Hier droht ein Markt zusammenzubrechen. Ein Finanzierungsinstrument, das für viele Unternehmen aktuell kriegsentscheidend sein dürfte.

Kritik kommt erwartungsgemäß auch von den Versicherungsnehmern und ihren Verbänden. So schilderte der Verband GD Holz, „tausende Kreditversicherungslimite“ beispielsweise von Handwerkern mit solide gefüllten Auftragsbüchern seien bereits gekündigt worden. In einem Schreiben an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier appelliert der Verband, die Verlängerung des Schutzschirms „sehr restriktiv und selektiv vorzunehmen für Branchen, die wirklich notleidend sind“.

Die Bundesregierung geriet mit der Ankündigung des Versicherers und der vielfachen Reaktionen unter Druck. An weiteren Stabilisierungsmaßnahmen der deutschen Wirtschaft inklusive der bereits im April priorisierten Sicherung der Lieferketten wird der Bundesregierung gerade im Hinblick auf steigende Infektionszahlen, zu erwartende Entlassungs- und Insolvenzwellen und das Wahljahr 2021 aber sicher gelegen sein.

Was können Sie gegen Limitentzug in der Corona-Krise tun?

Wie immer gilt: Im Vorteil ist, wer selbst aktiv wird. Es gilt nun, den Schaden für das eigene Unternehmen mindestens zu mindern, wenn nicht gar zu verhindern. Als Fachmakler verstehen wir uns auch ganz besonders in dieser Situation als Vertreter unserer Kunden und Mittler zum Versicherer – mit dem unbedingten Ziel, die nötigen Limite aufrechtzuerhalten. Auch Anbieterwechsel sind möglich.

Wenden Sie sich bei Fragen oder Zweifeln jederzeit an Ihren Ansprechpartner bei der VIA.

Stichwörter: , , , ,