3. Juli 2018

Digitalisiert Euch: Unsere Branche im Umbruch

Mit Uber ins Coworkingspace, das Smartphone währenddessen fest im Griff, um die Wirtschaftsnachrichten zu lesen. Statt Jahresurlaub mehrere Surf-and-Work-Aufenthalte auf Hawaii, natürlich in einer AirBnB-Unterkunft und die Kollegen per Facetime zugeschaltet. Und abends? Bingewatching auf dem heimischen Sofa, mit Streaming-Abo ganz ohne überteuertes Popcorn und Werbeunterbrechungen. Der Homo Digitalis hat dank Gadgets und WLAN viele Möglichkeiten, sein Leben individuell zu gestalten. Dass dabei einige Branchen komplett oder zu großen Teilen den Boden unter den Füßen verloren haben, darüber haben wir an dieser Stelle schon häufiger berichtet.

Doch wie geht eigentlich unsere eigene Branche mit Digitalisierung um? Wie reagieren Kreditversicherer, Bürgschafts- und Factoringanbieter auf den überall herrschenden Innovationsdruck? Gibt es bereits neue Anbieter, die rechts überholen? Und wo verhindern – ähnlich wie bei Uber – Vorschriften und Branchenregeln einen Marktumbruch? In diesem Artikel suchen wir Antworten darauf, was Digitalisierung eigentlich ausmacht und wo sie uns in unserer Branche begegnet.

Schneller

Zeitung lesen und Tagesschau gucken – das mag über Jahrzehnte die wichtigste Darreichungsform von Nachrichten gewesen sein. Zwar gibt es beides auch heute noch, von Wahlergebnissen, Insolvenzen oder WM-Spielständen erfahren wir dennoch zumeist über das Internet. Auch die Kommunikation mit Kollegen, Freunden und Familie läuft fast ausnahmslos digital. Ganz deutlich lässt sich hier ein zentraler Aspekt der Digitalisierung erkennen – erhöhte Geschwindigkeit. Alles nimmt an Fahrt auf.

Gegen eine Beschleunigung der Prozesse ist nichts einzuwenden, und so begrüßen wir, dass beispielsweise Bürgschaften inzwischen per Mail verschickt werden können. Eine deutliche Erleichterung, die vielleicht banal klingt, die Geschäftsentwicklung aller Beteiligten aber ankurbelt. Einfach nur schneller zu sein genügt jedoch nicht. Mit unserem Know-how unterstützen wir aktuell ein Startup bei der Frage, wie sich Prozesse für den Kunden effektiver gestalten lassen. Wir sehen ein erhebliches Potenzial darin, das Ausstellen einer Bürgschaft sowie die Verwaltung des Bürgschaftsvolumens auf ein Minimum zu reduzieren und dank Software-Unterstützung zusätzlich Geld zu sparen.

Sicher erfüllt ein gestraffter Prozess nicht alle Bedürfnisse, dennoch setzt eine Vereinfachung gerade der administrativen Aufgaben ungeahnte Ressourcen frei. Die Kautionsversicherer oder Banken, die sich auf den Digitalisierungsprozess dieses Startups einlassen, können ihren Arbeitsaufwand erheblich reduzieren. Und auch Kunden freuen sich über simple, zügige Prozesse: Der Zuspruch, den wir als Fachmakler dazu von einigen großen Maschinenbauern und Baugesellschaften erhalten haben, ist vielversprechend.

Leistungsfähiger

Moderne Plattform-Ökonomie wie wir sie von Ebay, Amazon, AirBNB, Uber & Co kennen, bringt Käufer und Verkäufer, Kunden und Anbieter zusammen. Das Geschäftsmodell dieser Plattformen basiert letztlich auf einer in Programmiercode umgesetzten Idee. In sie wird investiert, schließlich steht und fällt alles mit ihrer technischen Leistungsfähigkeit. Das haben auch Versicherer erkannt. AXA Winterthur beispielsweise startete in der Schweiz eine eigene Plattform für Forderungsankauf und eröffnete sich so den Markt der Finanzierung neu.

Der Versicherer Euler Hermes investierte in das Zauberwort Dynamic Financing – beziehungsweise in ein IT-gestütztes, automatisiertes Programm, das Frühzahler mit dynamischen Skonti belohnt. Dabei trifft das oberste Ziel aller Gläubiger, möglichst schnell Zahlungseingänge zu verzeichnen, auf die Gelegenheit attraktiver Sparmöglichkeiten. Und auch hier gilt: Ohne leistungsfähige elektronische Prozesse im Hintergrund, die den Rechnungslauf permanent überwachen und Skonti automatisch und dynamisch anpassen, wäre dieses Angebot unmöglich.

Die rasante Weiterentwicklung von Software sorgt auch dafür, dass Programme, in die in der Vergangenheit nur Großunternehmen investieren konnten, nun dank schlankerer Cloud-Lösungen auch für kleinere Kunden zugänglich sind. Für Kreditmanagementsoftware gibt es beispielsweise nun Anbieter, die das Kreditmanagement des Kunden ins Web verlagern und so ein leistungsfähiges, schnittstellenunabhängiges und umfassendes System für einen Bruchteil der Kosten anbieten.

Wie Innovation geht, machen auch die Startups im Bereich Factoring vor. Sie gestalten den Markt nicht nur einfach mit, sie krempeln ihn um. Natürlich arbeiten Startups häufig noch nicht kostendeckend – das haben aber die meisten der heute milliardenschweren Internetkonzerne anfangs nicht geschafft.

Kundenorientierter

Der Wettbewerbsdruck steigt weiter, doch die klassische Kreditversicherung kann nur teilweise mithalten. Wirkliche Innovationen lassen noch auf sich warten. Eine Herausforderung: Die Menschen suchen nach individuellen, passgenauen Lösungen. Als internationale Player streben die meisten großen Versicherer aber nach einer einheitlichen Lösung für alle Standorte. Dabei hat jedes Land nicht nur seine eigenen Gesetze, sondern auch unterschiedliche Strukturen und Bedürfnisse. Längst nicht jedes Land bietet wie Deutschland drei Vertriebswege – Makler, Banken und Direktvertrieb. Und in vielen Ländern gibt es kaum Angebote und Ansprechpartner für kleine Unternehmen.

Dabei ist auch längst erwiesen, dass ein Produkt nur dann erfolgreich ist, wenn es die Kundenbedürfnisse exakt trifft. Dazu gehört, dass der Anbieter diese unbedingt von Anfang an kennenlernen und bei der Produktentwicklung in den Mittelpunkt zu stellen.

Einfacher

Einfaches Bedürfnis, einfache Lösung: Mit „Invoice to Cash“ testet Euler Hermes seit einigen Wochen ein komplett digitalisiertes Einzelrechnungsfactoring. Das Produkt soll insbesondere kleineren Unternehmen schnelle und unkomplizierte Liquidität bieten. Auch Kreditversicherungspolicen, die der Kunde ohne Beratung im Web abschließen kann, haben inzwischen die meisten großen Anbieter. Euler Hermes lässt mit dem Produkt Simplicity Online die Kunden mit einem Jahresumsatz bis fünf Millionen Euro ihren Vertrag inklusive Bonitätsprüfung selbst konfigurieren und abschließen. Coface bietet ähnliches mit EasyLiner.

Doch ist der Markt in Deutschland dafür bereit? Was ist mit den Kunden, die individuellere Beratung wünschen – ganz so, wie sie es bislang gewohnt sind? Ein Spotify- oder Netflix-Vertrag lässt sich sicherlich leichtfertiger abschließen als ein Kreditversicherungsvertrag, der ein ganzes Unternehmen finanziell absichern soll. Der nach wie vor hohe Wettbewerb wird jedoch noch verhindern, dass Kreditversicherer potenzielle Kunden pauschal abwehren. Diese Einschätzung trifft aber nur auf den Ist-Moment und nur auf Deutschland zu – in Frankreich oder den Schwellenländern kann die Bereitschaft, sich selbst aus dem Baukasten der Optionen eigene Lösungen zusammenzusetzen, viel höher sein.

Klüger

Seit Jahren hören wir: Daten sind der Rohstoff unserer Zeit. Und was für die einen beängstigend ist, kann für die anderen nützlich werden. Dann nämlich, wenn durch eine höhere Informationsdichte Risiken vermieden werden können. Schon jetzt lassen sich Unternehmen besser bewerten: Eine Reihe neuer Startups sind national, aber auch international angetreten und bringen eine ganz neue Art und Weise mit, den Forderungsausfall von Unternehmen zu bewerten. Gerade bei Neugründungen sorgt das für größere Sicherheit, denn deren Bewertung war in der Vergangenheit mit den gängigen Auskunfteien immer nur unzureichend möglich. Die Informationsdichte über Privatpersonen ist schließlich gering. Neue Produkte beziehen nun auch die Privatdaten der Firmeninhaber und der Gesellschafter ein und berechnen so selbst eine Ausfallwahrscheinlichkeit für Neugründungen.

Unternehmen, die das Zahlungsverhalten von Privatpersonen bewerten, gibt es längst. Ein Startup aus den USA wertet nun aber auch die Profile von Facebook-Nutzern aus und ermittelt anhand deren Freunden eine Ausfallwahrscheinlichkeit. Kurz gesagt: In der Infomationsbeschaffung wird alles auf den Kopf gestellt, Big Data übernimmt.

Mutiger

Zahlungsgarantien für Dritte zu übernehmen: Das trauten sich bislang nur Großunternehmen wie Amazon und Paypal oder ein paar wenige Startups wie Klarna oder Paymorrow. Aber auch hier steigt der Wettbewerb. Wir berichteten bereits, dass künftig jeder Online-Shop sich die nötigen Zahlungsgarantien im B2C-, aber auch B2B-Bereich beschaffen kann.

Tools und Techniken der Digitalisierung durchziehen alle Branchen. Warum sollte nicht auch unsere die Chancen nutzen? Bild: Bitkom Research, 2017

Eines ist sicher: Die Digitalisierung in der Versicherungsbranche wird immer weiter voranschreiten. Neue Techniken werden – ähnlich wie in der Bankenbranche – unsere Branche reformieren. Wir sind uns sicher, dass in wenigen Jahren die Prozesse durch die Digitalisierung sich in der Bürgschafts und Kreditversicherungsbranche deutlich verändert sind. Doch nicht nur das, schließlich geht es bei Digitalisierung nicht nur um eine Prozessoptimierung dank digitaler Tools. Erfolg hat, wer alles komplett neu und im Interesse des Kunden denkt. Wir sind gespannt, wann die Revolution spürbar wird. Wir als Spezialmakler für die Kreditversicherung freuen uns darauf, denn oftmals nehmen wir die Versicherungswelt als unbeweglich und wenig innovativ wahr. Warum sollte es beispielsweise nicht bald eine digitale Plattform für Kreditversicherungen geben?

Update: Seit Oktober 2018 sind wir um eine weitere Facette reicher. Einen einzelnen oder zusätzlichen Versicherungsschutz kann jeder deutsche Unternehmer nun online buchen und abschließen und auf diese Weise Risiken auch über Europa hinaus absichern

Daran wollen wir uns beteiligen. Getreu dem Motto „Mittendrin statt nur dabei“ gehen wir bei der VIA Delcredere GmbH schon seit unserer Gründung in den Austausch mit allen Marktbeteiligten. Wir begrüßen alle Veränderungsprozesse, die unseren Kunden letztlich mehr Service und eine höhere Produktqualität verschaffen. Lassen Sie uns also offen mitdiskutieren und mitgestalten. Schließlich kennen wir unsere Branche nicht nur seit vielen Jahren, wir brennen auch für sie.

Haben Sie Fragen zu Produkten, Ideen oder Anregungen? Wir zeigen Ihnen die Möglichkeiten – sprechen Sie uns an, gerne beraten wir Sie!

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