Immer wieder droht Griechenland die Insolvenz. Das Land ist hoffnungslos überschuldet, und erst vor wenigen Wochen schienen sämtliche Kredite wegen fehlender Ratenzahlungen zu platzen – gerade noch rechtzeitig kam die neuerliche Rettung durch die EU. Doch was passiert eigentlich zu dieser gefürchteten Stunde Null?
Das oberste Gebot ist, „eine unkontrollierte Zahlungsunfähigkeit zu verhindern, weil das nicht nur Griechenland treffen würde, sondern die Gefahr, dass es alle trifft, zumindest noch etliche andere Länder, sehr groß ist.“ (Angela Merkel, September 2011)
Ist Thomas Müller pleite, kann er sich über das Verfahren einer Privatinsolvenz innerhalb von nur drei Jahren von seiner Restschuld befreien. Und trifft die Zahlungsunfähigkeit ein Unternehmen – nennen wir es die Müller GmbH – so ist der Weg durch das Insolvenzverfahren sicherlich nicht erfreulich, aber dank gesetzlich reguliertem Ablauf doch kalkulierbar. Zudem gibt es mit dem Insolvenzverwalter eine unabhängige Person, die zumindest versucht, mit dem verbliebenen Vermögen die Ansprüche alle Gläubiger zu berücksichtigen.
Pleite – und ohne Plan
Dass eine drohende Staatspleite jedoch ein derartig großes Schreckgespenst darstellt, liegt nicht nur an den immensen Verlusten und Auswirkungen, die eine Zahlungsunfähigkeit mit sich bringt. Es liegt auch an der Unsicherheit darüber, wie eine Staatspleite „abgewickelt“ wird – und vom wem. Geordnete und erprobte Abläufe im Falle einer Insolvenz, wie wir sie für Unternehmen und Privatpersonen haben? Fehlanzeige.
Genau dies kritisiert aktuell das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Denn das es weitreichende Folgen für Staat, Gläubiger und die gesamte Volkswirtschaft hat, wenn ein Staat zahlungsunfähig ist, leuchtet ein. Doch wer ruft den Insolvenzverwalter an? Und wer kann das überhaupt sein? Anhand welcher Kennzahlen wird festgelegt, welche Gläubiger zu welchen Anteilen bedient werden?
Ganz klar: Es fehlt an unabhängigen Instititutionen und Personen, die diese Aufgaben übernehmen. Dabei ist Griechenland nicht das erste Land, das seine Schulden nicht mehr zahlen kann. Seit Jahrhunderten gelten immer wieder Staaten als zahlungsunfähig, entweder, weil sie ihre Außenstände und Verpflichtungen nicht mehr tragen können – oder weil sie es nicht mehr wollen. Außer Griechenland geriet beispielsweise Argentinien nach der großen Krise im Jahr 2001 im vergangenen Sommer (2014) erneut in Zahlungsverzug. Und Puerto Rico konnte eine am 1. August 2015 fällige Anleihe nicht zurückzahlen – laut Ratingagentur Moody’s ist das Land somit bankrott.
Andere Staaten dürfen nicht nachrutschen
Das IW geht nun mit einem umfassenden Konzept für Staatsinsolvenzen innerhalb der EU in die Offensive. Nach den Erfahrungen mit Griechenland und der Europäischen Union will man insbesondere vermeiden, dass andere Länder für die Schulden eines Staates haften müssen – und diese dann selbst mit klammen Kassen, Rezession oder dem Abzug von Investoren zu kämpfen haben.
Folgende Punkte schlägt das Konzept vor:
- ein Moratorium für den Schuldendienst und für Klagen gegen den betroffenen Staat
- eng befristete und begrenzte Überbrückungshilfen des Rettungsschirms ESM, um wesentliche Staatsfunktionen zu erhalten, daran gekoppelt: strenge Reformauflagen
- Umschuldungsverhandlungen mit den Gläubigern
- bei Scheitern dieser Verhandlungen: Anruf eines (neuen) juristischen Gremiums beim Gerichtshof der EU, das im letzten Schritt auch selbst bindende Entscheidungen treffen kann
Außerdem fordert das IW eine stärkere Kapitalisierung der Banken im Euroraum, um Verluste aus einem Staatsbankrott besser zu verkraften. Das vollständige Konzept finden Sie an dieser Stelle (PDF).
Folgen für die Kreditversicherung
Was bedeutet ein Staatsbankrott nun ganz konkret für Sie, den Unternehmer, Exporteur, Investor? Aus heutiger Sicht spielt zunächst keine große Rolle, ob es ein Insolvenzverfahren gibt oder eben nicht gibt. Sie sollten die Lage in den Ländern, in denen Sie Ihr Geld verdienen, ohnehin immer bewusst verfolgen. Ihre Kreditversicherung unterstützt sie dabei und warnt rechtzeitig. Allerdings decken die meisten Policen nur das wirtschaftliche Risiko ab.
Kann Ihr Geschäftspartner aber aufgrund politischer Ereignisse oder Restriktionen nicht zahlen, ist dieses so genannte politische Risiko in aller Regel nicht mitversichert. Mehr noch, innerhalb der Eurozone ist es meist gar nicht vorgesehen. Dennoch wissen wir aus der Erfahrung der letzten Jahre – beispielsweise durch die Beschränkungen des Geldverkehrs etwa aus Zypern, Island und Griechenland – , dass genau dieses Risiko nicht mehr völlig unrealistisch ist.
Und nicht nur Beschränkungen des Zahlungsverkehrs, sondern auch Kriege, kriegerische Auseinandersetzungen, Bürgerkriege oder innere Unruhen, Import und Exportbeschränkungen oder Vertragsaufhebungen durch staatliche Institutionen im Land des Importeurs fallen unter das politische Risiko und können in die Verhandlungen mit der Warenkreditversicherung einbezogen werden.
Wir empfehlen daher, Ihre individuellen Risiken genauer unter die Lupe zu nehmen – und zeigen Ihnen gern, welche Möglichkeiten der zusätzlichen Absicherung politischen Risikos Sie schon jetzt am Markt haben.
Stichwörter: Argentinien, Griechenland, Länderrisiken, Staatsbankrott, Staatspleite, Staatsschulden