In die Kritik um die sogenannte Insolvenzanfechtung schaltete sich der Gravenbrucher Kreis mit konkreten Reformvorschlägen ein. Im Gravenbrucher Kreis haben sich die nach eigener Aussage führenden deutschen Insolvenzanwaltskanzleien zusammengeschlossen.
An den Beginn ihres Vorschlagschreibens stellen die Insolvenzanwälte die Bemerkung, dass es bislang an einer „seriösen empirischen Grundlage“ für die von Kritikern erwarteten Auswirkungen des Anfechtungsrechts fehle. Die These verschiedener Wirtschaftsverbände, insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen würden belastet, sei dem Gravenbrucher Kreis zufolge statistisch bislang nicht bemessen worden. Die Insolvenzanwälte fordern daher Nachbesserungen, lehnen jedoch „übereilte Korrekturen“ ab.
Wie schätzen die Insolvenzanwälte nun also das Anfechtungsrecht ein?
Zunächst kann der Gravenbrucher Kreis „nachvollziehen, dass in einigen der gebildeten Beispielsfälle die derzeitige gesetzliche Regelung zu Ergebnissen führt, die die Beteiligten belasten“. Klartext: dass Unternehmen im Nachhinein durch Rückforderungen belastet werden, obwohl sie ein Unternehmen sogar durch eine Krise begleiten wollten.
Dennoch ist die Gläubigergleichbehandlung zentral für ein Insolvenzverfahren, das Anfechtungsrecht stelle laut Gravenbrucher Kreis ein wesentliches Fundament der Insolvenzordnung dar. Entscheidend ist dabei der „Schutz des schwachen Gläubigers“, also desjenigen Unternehmens, dass über die Schieflage des Geschäftspartners nicht so gut informiert ist oder dass generell weniger verhandlungsstark ist. Diese Unternehmen dürfen nicht benachteiligt werden.
Die umstrittene Zehnjahresfrist jedoch scheint auch den Insolvenzanwälten zu viel zu sein: In ihrem Entwurf schlagen sie eine Frist von drei Jahren für den Regelfall vor. Ohnehin seien die zehn Jahre in der Praxis kaum ausgereizt worden, schließlich ist der Beweis eines Vorsatzes nach so langer Zeit kaum zu führen.
Gleichzeitig führt der Gravenbrucher Kreis aber eine Ausnahme ein: Kann einem Gläubiger Unredlichkeit unterstellt werden oder hatte er als nahestehende Person Insiderwissen, wird die reguläre Anfechtungsfrist auf zehn Jahre verlängert. Hier bleibt also auch im Entwurf der Insolvenzanwälte ein Risiko – schließlich braucht es konkrete Beispiele und Erfahrungen zur Auslegung des Gesetzes. Weiterhin geht das Vorschlagsschreiben auf die Handhabung von Zinsen und Barzahlungen ein. Das komplette PDF können Sie hier abrufen.
Klar ist: Sowohl Insolvenzanwälte als auch Wirtschaftsverbände wollen eine verlässliche, gerechte Insolvenzordnung. Die deutschen Unternehmen brauchen sie, um nicht unerwartet in Insolvenzen hineingezogen und selbst in Schieflage gebracht zu werden. Gefragt ist nun der Gesetzgeber – Bundesjustizminister Heiko Maas kündigte eine sorgfältige Reform an.
Was sollten Sie als Unternehmer wissen?
Solange das Anfechtungsrecht nicht korrigiert ist, bleibt das Risiko, das von der Anfechtung des Insolvenzverwalters ausgeht, derzeit für die meisten Unternehmer nicht kalkulierbar. Und selbst mit den Änderungsvorschlägen des Gravenbrucher Kreises besteht die Gefahr eines unerwarteten Zahlungsausfalls durch Rückforderungen des Insolvenzanwalts. Der Erfolg Ihres Unternehmens kann so immer wieder rückwirkend auf zehn Jahre geschmälert werden bzw. Ihr Unternehmen in Turbulenzen geraten. (Risiko Folgeinsolvenz!)
Sie sollten Ihre individuellen Risiken daher genau prüfen und ggf. an eine Absicherung denken. Alle großen Kreditversicherer arbeiten derzeit an Lösungen, die die Unwägbarkeiten des Anfechtungsrechts auffangen bzw. bieten diese sogar schon an. Aktuelle Nachrichten & Angebote zum Thema erhalten Sie regelmäßig an dieser Stelle.
Stichwörter: Gesetzesnovelle, Insolvenz, Insolvenzanfechtung, Insolvenzrecht