Inhaltsverzeichnis
140.000 Euro Schaden durch Vertrauensmissbrauch, Schulden und in der Folge Insolvenz: Das ist die bittere Bilanz, die die Mitglieder der Kreishandwerkerschaft in Birkenfeld (Rheinland-Pfalz) Ende November ziehen mussten. Ein Mitarbeiter der Buchhaltung soll über Jahre Mitgliedsbeiträge veruntreut haben. Hinzu kommen Schulden in Höhe von 200.000 Euro.
Die Geschädigten sind die Mitglieder
Das nun fehlende Geld kommt letztlich von den Innungen und seinen Mitgliedern, also den einzelnen Handwerksbetrieben selbst. Dass gerade dieser Wirtschaftszweig bezüglich Forderungsausfällen Kummer gewohnt ist, ist bekannt. Dass sie nun aber nicht einmal mehr ihrer eigenen Interessenvertretung trauen können, sollte wachrütteln.
Zwar ist ein solcher Betrugsfall in der Regel ein Einzelfall, Verbände und Vertretungen wie die Kreishandwerkerschaften genießen völlig zu Recht ein großes Vertrauen. Dennoch: Hier gelang es offensichtlich über Jahre, eigene Mitglieder hinters Licht zu führen und Geldströme umzuleiten. Nun, nachdem ein hoher Schaden entstanden ist, kümmert sich ein Insolvenzverwalter um die Geschäfte der Birkenfelder Kreishandwerkerschaft. Der einstige Vorstand ist zurückgetreten, der Geschäftsführer entlassen worden.
Hintergrund Handwerkerschaft
Eine Kreishandwerkerschaft ist ein Verbund der Handwerksinnungen eines Land- bzw. Stadtkreises. In den Innungen wiederum sind die einzelnen Betriebe organisiert – in der Bäckerinnung die Bäcker, in der Innung für Sanitär-Heizung-Klima die Handwerksbetriebe der SHK-Installateure, in der Friseurinnung die Friseure etc.
Die Kreishandwerkerschaft übernimmt die fachunabhängige Vertretung aller Handwerker und ihren Innungen gegenüber Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, fördert die Aus- und Weiterbildung, überwacht die Umsetzung von Richtlinien der Handwerkskammern und unterstützt die Innungen bei ihrer Arbeit – häufig führt sie auch deren Geschäfte.
Eine Kreishandwerkerschaft ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts und finanziert sich über Mitgliedsbeiträge.
Insolvenz für Körperschaften?
Entscheidend aus unserer Sicht: Dass eine Handwerkerschaft bis in die Zahlungsunfähigkeit getrieben wird und schließlich als Körperschaft öffentlichen Rechts das Insolvenzverfahren beantragen kann. Gemeinhin werden sie als insolvenzunfähig betrachtet und bringen damit kraft Gesetzes einen Gläubigerschutz mit.
Das ist jedoch nicht ganz richtig: Die Insolvenzordnung schließt einzig Gebietskörperschaften wie Bund, Länder und Kommunen aus. Bei Körperschaften wie einer Handwerkerschaft muss das jeweilige Bundesland eigenständig beschließen, ob Insolvenzunfähigkeit vorliegt. Genau das tun die Länder – jedoch teils mit deutlichen Abweichungen voneinander.
Der einzige Weg: Genau prüfen
An dieser Stelle sollte man sich also nicht allzu sicher fühlen, sondern genau – nämlich in die Landesgesetze, aber auch in die Satzung der Handwerkerschaft – schauen. Birkenfeld ist auch nicht die erste Kreishandwerkerschaft, die insolvent ist. Auch in Dithmarschen und Hildburghausen wurden in den vergangenen Jahren Insolvenzverfahren beantragt.
Zugegeben: der Fall tritt selten auf. Den betroffenen Handwerkern, die nun Ausfälle zu beklagen haben, hilft die Statistik jedoch nicht weiter. Sie benötigen einen Versicherungsschutz, der einspringt und damit ihre eigene Liquidität sichert. Dieser jedoch ist aktuell nicht einfach zu bekommen: Die meisten Versicherer schließen juristische Personen öffentlichen Rechts standardmäßig aus. Manche beziehen den Ausschluss nur auf insolvenzunfähige Körperschaften – was Kreishandwerkerschaften faktisch nicht bzw. nicht immer sind.
Hier muss also ebenfalls genau hingesehen werden: Mit welchen Körperschaften arbeitet man zusammen? Sind diese insolvenzfähig? Und wenn ja, wie kann man sich vor Forderungsausfällen schützen bzw. absichern?
Unsere Empfehlung ist also ganz klar: Prüfen Sie alle öffentlich-rechtliche Institutionen, mit denen Sie zusammenarbeiten, auf Insolvenzfähigkeit und bisherige Absicherung im Falle eines (auch verzögerten) Forderungsausfalls. Wir unterstützen Sie gern und klopfen außerdem mit Ihnen Ihren Versicherungsschutz diesbezüglich ab.
Stichwörter: Branchenrisiken, Handwerk, Insolvenz, öffentliche Hand