12. November 2018

Insolvenzanfechtung: Schützt Factoring vor Insolvenzanfechtung?

Immer wieder werden wir gefragt, ob der Verkauf der Forderungen in einem Factoringverfahren auch vor einer Insolvenzanfechtung schützt. Unseres Erachtens nach sollte dies bei einem regresslosen Verkauf der Forderung – eigentlich – auch so sein. Die Antworten, die wir aber von den Factoringgesellschaften erhalten, sind häufig schwammig; nur wenige nehmen konkret Stellung. Gerichtsurteile, die im Rahmen einer Insolvenzanfechtung zum Thema Factoring gesprochen wurden, gibt es derzeit noch nicht oder sind noch nicht bekannt.

Die vielen Feinheiten des Factorings erschweren eine zufriedenstellende Beantwortung dieser Frage zusätzlich. Die Spurensuche nach einer Antwort beginnt mit dem Vergleich der beiden Factoringverfahren.

Offenes Full-Service-Factoring

Sieht gut aus: Für das Offene Full-Service-Factoring können wir die Frage positiv beantworten. Es gibt Gesellschaften, die das Risiko mit übernehmen werden – wenn Ihr Unternehmen die Obliegenheiten des Vertrags einhält, die Abtretung der Forderung auf jeder Rechnung steht, der Factor jede einzelne Forderung kennt, überwacht, anmahnt und damit weite Teile der Debitorenbuchhaltung des Forderungsverkäufers übernimmt. Erst dann ist er auch in der Lage, eine mögliche Illiquidität des Schuldners selbst zu erkennen. Und damit kann der Factor das Risiko einer Insolvenzanfechtung übernehmen.

Factoring Insolvenzanfechtung
Factoring und Insolvenzanfechtung: Rechtssicherheit gibt es derzeit nicht. (Foto: Symbolfoto, (c) VIA Delcredere GmbH)

Inhouse Factoring

Im sogenannten Inhouse Factoring weiß der Factor schon deutlich weniger über den Debitor. Eventuelle Mahnverfahren würde der Factoringnehmer bei seinen Kunden selbst einleiten, mögliche Absprachen zwischen den beiden Parteien kennt der Factor ebenfalls nicht. Handelt es sich zudem um ein stilles Inhouse-Verfahren, weiß der Debitor noch nicht einmal, wer eigentlich der Forderungsinhaber ist. Die Factoringanbieter hiernach befragt, bekommen wir aus unserer Sicht unzureichende Antworten. Immerhin, im Rahmen des gezeichneten Limits, würden sie das Risiko der Insolvenzanfechtung mit übernehmen.

Mit Blick auf die künftige Rechtssprechung erschwerend kommen weitere Facetten hinzu: Was gilt, wenn der Factor nur wöchentlich einen Saldenstand vom Factoringnehmer mitgeteilt bekommt? Wem gehört das Konto, auf das der Debitor überweist? Dem Factor oder dem Kunden, und ist dieses abgetreten?

Zentral: Ist die Forderung einredefrei?

Die Argumentation der Factoringgesellschaft können wir grundsätzlich nachvollziehen. Handelt es sich nur um ein Bonitätsrisiko, wird der Factor die Forderung ankaufen – vorausgesetzt, diese ist einredefrei. Zudem sind Sie dazu verpflichtet, dem Factoringpartner negative Informationen über Ihren Kunden zu melden und die Obliegenheiten Ihres Factoringvertrages zu beachten. Spätestens hier beginnt nun die Argumentationskette einzelner Factoringgesellschaften, warum eine etwaige Insolvenzanfechtung durch Factoringverträge nicht gedeckt sein kann. Im Fokus steht dabei die Frage: Ist die angekaufte Forderung noch einredefrei, wenn es zu einer Insolvenzanfechtung kommt?

Genau das stellt der Insolvenzverwalter mit einer Anfechtung in Frage. Gelingt es ihm zu beweisen, dass Ihr Haus von der (drohenden) Zahlungsfähigkeit Ihres Kunden gewusst hat, sind die Forderungen nicht mehr einredefrei. Was nichts anderes heißt, als dass eine Vielzahl von Forderungen in der Vergangenheit gar nicht hätten angekauft werden dürfen. Der Factor wiederum könnte auf die Idee kommen, die Forderungen an den Verkäufer zurückzugeben. Schließlich sind die Obliegenheiten des Vertrages nachweislich verletzt worden. Selbst wenn der Factor das Risiko einer Insolvenzanfechtung übernehmen sollte und den bereits gezahlten Kaufpreis nicht zurückfordert, halten wir es für nicht ausgeschlossen, dass dieser Ihr Haus im Nachhinein in Regress nimmt und Schadensersatz geltend macht.

Ein Beispiel: Aktuell haben wir eine Insolvenzanfechtung über 500.000 € vorliegen. Der Inhalt des Mailverkehrs zwischen Debitor und Unternehmen gab für das Gericht den Ausschlag, der Klage des Insolvenzverwalters stattzugeben. Auf dem Kundenkonto ist die drohende Zahlungsunfähigkeit nicht erkennbar gewesen, vom Mailverkehr hatte der Factor keine Kenntnis. Das hierfür der Factor nicht haften will, ist durchaus nachvollziehbar.

Unsere Empfehlung

Solange Rechtssicherheit fehlt, werden wir als Fachmakler im Zweifel das sogenannte Zwei-Vertragsmodell empfehlen. Die dabei zugrunde liegende Warenkreditversicherung kann mit einer zusätzlichen Deckung, einer Insolvenzanfechtungspolice, versehen werden und Ihnen das Risiko eines Forderungsausfalls durch eine Insolvenzanfechtung deutlich minimieren.

Sprechen Sie uns an – wir wissen, welche Lösung für Sie passt.

Ihr Ansprechpartner:
Anja Nadine Mickley, Key Account Manager
Telefon: (0 22 72) 919 85-30
E-Mail: n.mickley(at)viadelcredere.de

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