Unter den 100 wertvollsten Konzernen weltweit finden sich nur noch vier deutsche – und das ziemlich am Ende der Liste.
„Bayer kauft Monsanto“: Diese Schlagzeile überraschte im vergangenen Jahr nicht nur aufgrund der massiven Image-Probleme des amerikanischen Saatgutherstellers und der damit verbundenen Frage, warum Bayer diese ins eigene Haus holen will. Sie überraschte mindestens genauso stark, weil Monsanto als milliardenschwerer Mogul wahrgenommen wurde, der nicht – mir nichts, dir nichts – aufgekauft werden kann. Auch nicht von Bayer, eines der umsatzstärksten und weltweit aktivsten deutschen Unternehmen.
Unterschätzen wir etwa die Macht deutscher Konzerne auf dem weltweiten Markt? Nein, ganz sicher nicht. Denn wie aktuelle Börsendaten zeigen, ist und bleibt Bayer eine Ausnahme. Eine von vier: Denn gerade einmal so viele deutsche Unternehmen schaffen es überhaupt in die Top 100 der wertvollsten Konzerne der Welt. Außer Bayer sind es SAP (Börsenwert: 114,5 Milliarden Dollar, Platz 58), Siemens (104,9 Milliarden Dollar, Platz 63) und BASF (80,5 Milliarden Dollar, Platz 95). Bayer liegt mit aktuell 92,4 Milliarden Dollar Börsenwert auf Platz 93. Kein einziger Konzern aus der Europäischen Union schafft es überhaupt auf die ersten 50 Plätze.
Die Zeitung „Die Welt“ trug die Zahlen basierend auf Bloomberg-Daten kürzlich zusammen, wir haben die Werte aktualisiert. Ende März erwarten wir eine jährliche Studie von PWC zu diesem Thema – mit weiteren Insights (die 2016er Ausgabe finden Sie als PDF hier).
Denn auch wenn es auf den ersten Blick „nur“ um Dollars geht, steckt mehr als bloßes Kräftemessen dahinter. Neben Vermögens- und Umsatzwerten fließen beispielsweise die Einschätzungen von Investoren bezüglich Innovationskraft und Wachstumschancen in einem Börsenwert. Heißt auch: An diese 100 Börsenkonzerne weltweit wird am häufigsten geglaubt. Und in sie wird am großzügigsten investiert. Zur Erinnerung: Darunter befinden sich nur vier deutsche Konzerne.
Nun kann man sagen: Was soll das, unsere Stärke war immer schon der Mittelstand. Wir sind vielleicht Bayer. Aber wir sind auch: Zentis, Villeroy&Boch, Ströer oder Vergölst. In Deutschland sind Weltmarktführer zuhause – wie der Scheinwerfer-Hersteller Hella oder der Gabelstapelbauer Jungheinrich. Das ist alles richtig. Der Mittelstand ist und bleibt unser Rückgrat, nicht zuletzt, weil diese Unternehmen meist hoch innovativ arbeiten. Ein beruhigendes Argument.
Beunruhigend jedoch ist, dass der Anteil deutscher Konzerne im Börsenwert-Ranking in den letzten Jahren zurückging. Vor zehn Jahren – Ende 2006 – gehörten wie heute vier deutsche Namen in die Top 100. Schon ein Jahr später waren es aber sieben, im Jahr darauf acht. Seit 2015 sind die Zahlen wieder rückläufig. Die Lage bessert sich nicht wesentlich, wenn wir uns anschauen, wie Unternehmen aus dem kompletten Euro-Gebiet sich im Börsenranking verhalten. Nur neun europäische Konzerne schaffen es laut Die Welt überhaupt in die Liste, darunter beispielsweise Unilever und Total.
Vor diesem Hintergrund fragen wir: Was bedeutet ein solches Ungleichgewicht für die Rekrutierung von Nachwuchskräften? Für das Gewinnen von Investoren? Für die Innovationskraft und Agilität im Unternehmen? Oder auch: Wie lange dauert es, bis (weitere) europäische Unternehmen mit all ihrer geistigen Kompetenz, ihren Ideen und Schutzrechten, ihren Potenzialen und Plänen von mächtigeren US-Konzernen geschluckt werden?
Ja, Bayer ist eine Ausnahme. Wollen wir die Attraktivität des deutschen und europäischen Wirtschaftsraums erhalten, stehen wir jedoch vor großen Anstrengungen.
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