27. Juli 2015

Deutsche Autobauer in China

China und der Traum vom Luxus: Wie ein Wachstumsmarkt zu platzen droht

Seit Jahren ist China der größte Absatzmarkt für deutsche Autos. VW und Audi, Daimler, BMW und Porsche: Sie alle werden im Reich der Mitte geliebt und rege gekauft. Volkswagen und seine Tochter Audi investieren zudem seit mehr als 30 Jahren und als erster deutscher Autokonzern überhaupt in Joint Ventures, Werke und Mitarbeiter vor Ort. Andere Konzerne zogen erst später nach.

Es sind besonders die hochpreisigen Autos, die gut ankommen – die, die einen gewissen Lifestyle und die Zugehörigkeit zur Oberschicht verkörpern. In dem riesigen Land, in dem noch immer nur fünf Prozent der Einwohner überhaupt ein Auto besitzen, die Straßen der Pekings oder Shanghais aber bereits gnadenlos verstopft sind, wurden 2014 rund 6400 neue Porsche Cayenne verkauft. Klingt nicht viel in einem Land mit fast anderhalb Milliarden Einwohnern? Bedeutet aber dennoch eine Wachstumsrate von 100% gegenüber dem Vorjahr.

Insgesamt lieferte Porsche rund 47.000 Neuwagen auf den chinesischen Markt. Außerdem kauften die wohlhabenden und wirtschaftlich aufstrebenden Bürger Chinas rund 2,76 Millionen Volkswagen, 580.000 Audi, 456.000 BMW und 282.000 Mercedes. Laut chinesischem Branchenverband CAAM halten Audi, Porsche, Mercedes und BMW im Oberklassensegment 80 Prozent Marktanteil.

So gigantisch die Zahlen, so abhängig wurde die deutsche Automobilbranche aber auch vom chinesischen Kunden – gerade in den vergangenen Jahren, als sich Europa in einer Krise befand, waren Zuwächse nur durch boomende Märkte wie China möglich (wir berichteten bereits an dieser Stelle).

Aktuelle Zahlen sprechen nun eine andere Sprache für deutsche Autobauer in China: Weniger Kunden strömen in die Autohäuser – und wenn sie kommen, verlangen sie höhere Rabatte. Die vom Staat erhobene Luxussteuer – eine Mischung aus Einfuhrzollen, Mehrwertsteuer u.a. Abgaben – verringert seit Jahren die Lust am inländischen Konsum. Kosmetik, Kleidung oder Elektronik kaufen reiche Chinesen inzwischen lieber im Ausland. Bei Autos ist das schwer möglich. Einige Autobauer haben reagiert – beispielsweise Porsche mit einem Cayenne-Sondermodell, das aufgrund eines kleineren Motors der Luxussteuer entgeht.

Nun verfügen die Kunden aber auch noch über weniger Geld – eine Folge des Börsencrashs der vergangenen Wochen. Mit 85 Prozent besteht die Mehrheit der chinesischen Aktienhändler aus Privatanlegern, also (vermögenden) Konsumenten. Nachdem die nun einen großen Teil ihres Ersparten verloren haben, steht ihnen ganz sicher nicht der Sinn nach einem neuen Porsche.

Ohne Preisnachlässe geht es daher aktuell nicht in den Autohäusern der großen chinesischen Metropolen. Der damit verbundene Umsatzrückgang schlägt sich nach dem ersten Halbjahr 2015 nun auch in den Bilanzen der Autohersteller nieder. Und nachdem sie ihre Prognosen zurückschrauben mussten, verloren auch ihre Aktien vorübergehend an Wert.

Besonders hart trifft es aktuellen Medienberichten zufolge Chinas Liebling VW: Nachdem der Neuwagenverkauf im Juni um ganze 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückging, sollen nun sogar die Produktion in China zurückgefahren werden. Ganze 10.000 Autos weniger werden gebaut – eine aussagekräftige Zahl über die Erwartungen des VW-Konzerns auf seinem mit 40 Prozent Absatzanteil stärksten Markt.

Es drängen diese Fragen: Wenn die wohlhabenden und konsumwilligen Chinesen weniger Geld zur Verfügung haben, was bedeutet das für alle Branchen? Wie viel Designerkleidung, wie viele teure Uhren, wie viel hochwertige Elektronik werden noch verkauft – und wie weit müssen deren Hersteller preislich nachgeben? Wie viel Luxus kann sich China noch leisten, wie viel ist der chinesische Konsument bereit zu zahlen? Und wie sehr reguliert der Staat den Markt – indem er zur „Bekämpfung von Korruption“ etwa den Verkauf von Genuss- und Luxusgütern weiter durch Steuern und Gesetze einschränkt?

Ganz klar: Die Automobilindustrie, aber auch deren Zulieferer sehen die Entwicklung mit Sorge. Zumal mit Russland bereits ein Markt weggebrochen ist, Opel deshalb vor wenigen Tagen sogar Kurzarbeit beantragen musste.

Sie haben Handelsbeziehungen nach China oder beliefern Unternehmen, die für den chinesichen Markt produzieren? Informieren Sie sich über aktuelle Prognosen und sorgen Sie rechtzeitig vor!

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