Bis 2050 will China die Nummer 1 der Welt sein, schrieb der Spiegel kürzlich in seiner Titelgeschichte „Der hellwache Riese“. An der Spitze der Wirtschaft, aber auch tonangebend in Bündnis- und Machtpolitik, in der globalen Finanzpolitik, in der Informationstechnologie und Digitalisierung – ja, selbst in der Kultur und beim Fußball.
Unaufgeregt und fleißig scheinen die Chinesen an diesem Aufstieg zu arbeiten. Kein Konflikt dieser Welt lenkt sie von ihrem Ziel ab. Kein US-Präsident Trump, den Beijing soeben erst mit Schmeicheleien im Kaiserpalast der Verbotenen Stadt empfing – obwohl sie ihn Beobachtern zufolge geradezu verachten sollen. Und auch keine Klimakonferenz, bei der China wieder extrem negativ auffiel, weil seine Industrie unfassbar große Mengen Dreck in die Luft pustet – obwohl das Land gleichzeitig weltgrößter Produzent von Wind- und Solarenergie ist.
Immer wieder: der Wachstumsmotor Auto
China will „ins Zentrum vorrücken“, zitiert der Spiegel den Staatspräsidenten Xi Jinping. Und hat an einigen Schauplätzen längst Oberhand. Prominentestes Beispiel ist der Markt für Automobile. 24,4 Millionen Pkws wurden allein im Jahr 2016 in China abgesetzt, knapp 17 Millionen waren es bereits Ende September 2017. Zum Vergleich: In den USA waren es 12,8 Millionen Fahrzeuge (im gleichen Zeitraum Januar bis September 2017). Dem gegenüber stehen 3,35 Millionen Neuzulassungen in Deutschland im Jahr 2016. Für deutsche Autobauer ist der chinesische Absatzmarkt also ein Segen, allein fünf Millionen Autos stammen aus dem Volkswagen-Konzern.
Dann ist es doch in Ordnung, wenn Chinas Wirtschaft floriert? Nun, die deutschen Autobauer werden nicht ewig profitieren, denn chinesische Hersteller überlassen den Markt nicht mehr VW, Audi und Co. Sie präsentieren nun auf allen großen Automobilausstellungen selbst konkurrenzfähige Pkws und wollen nicht nur innerhalb des Landes, sondern weltweit Käufer finden. Und wenn es auch schon Japan und Südkorea innerhalb einiger Jahre gelungen ist, ihre Fahrzeuge weltweit zu verkaufen, warum sollte es China nicht gelingen? „Die Automobilbranche ist für die chinesische Regierung ein strategischer Sektor“, schätzte bereits 2016 auch der Kreditversicherer Euler Hermes ein.
Riesige Chancen, riesige schwarze Löcher
Jeder Versicherer aber warnt seit Jahren vor schlechter Zahlungsmoral chinesischer Unternehmen. „Die Zahlungsmoral hat sich in den letzten Jahren im ganzen Land erheblich verschlechtert. Traditionell bezahlen Unternehmen in der Automobilindustrie besonders spät“, erklärte Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz anlässlich der Veröffentlichung einer Studie zur Automobilindustrie im Jahr 2016.
Und genau diese Diskrepanz ist es, die westlichen Staaten und Unternehmen nicht behagt – ganz gleich, welchen Bereich wir genauer ansehen: China nimmt Einfluss in der Uno, in Weltbank und Internationalen Währungsfonds. China baut weltweit Häfen, Pipelines und Eisenbahntrassen. Reiche Chinesen kaufen Immobilien in deutschen Großstädten zur Kapitalanlage genauso wie Unternehmen auf der ganzen Welt, um deren Know-how abzugraben. China hat die meisten Internet-User und Smartphone-Besitzer, überwacht, kontrolliert und zensiert diese aber.
Wachstum und Profit ist in China nicht allein zu bekommen – jedes exportierende Unternehmen begrüßt mit dem chinesischen Markt auch die Gefahr von Forderungsverlusten und Wirtschaftsspionage. Denn eines darf man nicht vergessen: Das Reich der Mitte ist nicht einfach nur ein Geschäftspartner. Das Reich der Mitte will das Geschäft selbst machen.
Stichwörter: Automobilindustrie, China, Insolvenz, Länderrisiken, Zahlungsmoral, Zahlungsverzug1 Kommentar zu diesem Artikel
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Heiko Walter
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