2. Oktober 2015

Insolvenzanfechtung: Mehr Rechtssicherheit für Unternehmen

Insolvenzanfechtung

Mit einem Gesetzesentwurf reagierte die Bundesregierung nun auf die seit Monaten andauernde harsche Kritik an der Insolvenzordnung bzw. dem Anfechtungsgesetz. Der im September in einer Pressemitteilung angekündigte Gesetzestext soll insbesondere die Rechtssicherheit für den Wirtschaftsverkehr sowie auch für Arbeitnehmer erhöhen.

„Häufig wissen Gläubiger nicht, ob sie Zahlungen von ihren Schuldnern dauerhaft behalten können“, erläutert Bundesjustizminister Heiko Maas, „oder ob sie die Zahlungen später – unter Umständen erst nach Jahren – wieder an den Insolvenzverwalter herausgeben müssen. Mit der Neuregelung wollen wir diese Unsicherheiten beseitigen.“

Konkret geht es um den auch bei uns schon häufig besprochenen Verdacht eines Insolvenzanwaltes, der Gläubiger könne von den Liquiditätsschwierigkeiten seines Schuldners gewusst und sich durch dieses Wissen bewusst Vorteile verschafft zu haben. Gelingt es dem Gläubiger nicht, dieses angebliche Wissen zu widerlegen, kann der Insolvenzverwalter bereits erhaltene Zahlungen zurück. Dies geht nach geltendem Recht bis zu zehn Jahre nach Zahlungseingang.

Und genau diese Frist ist es nun auch, die Maas als erstes angeht: Künftig soll die so genannte Anfechtungsfrist auf vier Jahre verkürzt werden. Außerdem dürfen Unternehmer künftig ihre Kunden wieder gefahrlos mit Zahlungserleichterungen unterstützen. Gewähren sie etwa einem langjährigen Kunden eine Ratenzahlung, weil dieser gerade in Liquiditätsschwierigkeiten steckt, kann dies allein keine Anfechtung des Insolvenzverwalters mehr begründen.

Auch für Arbeitnehmer wurde gesorgt: „Lohnzahlungen sollen [daher] künftig grundsätzlich nicht mehr angefochten werden können“, erklärt Heiko Maas, „wenn sie spätestens drei Monate nach der Arbeitsleistung erfolgen.“ Und: Die Zinsen auf ausstehende Anfechtungsansprüche sollen den allgemeinen schuldrechtlichen Verzugsregeln unterstellt werden.

Auf einen Blick – folgende Neuregelungen bringt der Gesetzentwurf mit sich:


Neujustierung der Vorsatzanfechtung (Änderung des § 133 InsO)

Zum Schutz des Wirtschaftsverkehrs wird die Vorsatzanfechtung von Deckungshandlungen erschwert. Dazu …

  • … soll ein deutlich verkürzter Anfechtungszeitraum von vier (anstatt bislang zehn) Jahren gelten.
  • … sollen Zahlungen grundsätzlich erst dann anfechtbar sein, wenn der Gläubiger erkannt hat, dass der Schuldner bereits zahlungsunfähig war. Die Kenntnis der bloß drohenden Zahlungsunfähigkeit soll nicht mehr genügen.
  • … soll gegenüber Gläubigern, die ihren Schuldnern Zahlungserleichterungen zur Überwindung vorübergehender Liquiditätsschwierigkeiten gewähren, gesetzlich vermutet werden, dass sie bei später erhaltenen Zahlungen die Zahlungsunfähigkeit ihres Schuldners nicht kannten. Um einen Anfechtungsanspruch zu begründen, muss der Insolvenzverwalter das Gegenteil beweisen. 

Achtung: Diese Neuregelungen gelten nicht für unredliche Vermögensverschiebungen und Bankrotthandlungen. Wer bei solchen Handlungen „mitmacht“, verdiene keinen Schutz. Deshalb bleibt es in diesen Fällen beim bisherigen Recht, insbesondere bei dem zehnjährigen Anfechtungszeitraum.

Konkretisierung des Bargeschäftsprivilegs (Änderung des § 142 InsO)

Bargeschäfte sollen künftig nur noch dann der Vorsatzanfechtung unterliegen, wenn der Schuldner unlauter handelte und der Gläubiger dies erkannt hat. Und: Lohnzahlungen werden künftig als Bargeschäft behandelt und profitieren damit von diesem Privileg, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Lohnzahlung drei Monate nicht übersteigt.

Einschränkung der Inkongruenzanfechtung (Änderung des § 131 InsO)

Die Änderung schützt Gläubiger vor Anfechtungen, wenn sie lediglich von gesetzlich zugelassenen Zwangsmitteln Gebrauch machen und dabei nicht wissen, dass der Schuldner schon zahlungsunfähig ist. Insbesondere Kleingläubiger sollen so davor bewahrt werden, einen errungenen Vollstreckungserfolg wieder herausgeben zu müssen. Deckungen, die in den letzten drei Monaten vor Insolvenzantragstellung durch Zwangsvollstreckung erwirkt oder zu deren Abwendung bewirkt worden sind, sollen künftig grundsätzlich nur unter den erschwerten Anforderungen anfechtbar sein.

Neuregelung der Verzinsung des Anfechtungsanspruchs (Änderung des § 143 InsO)

Anfechtungsansprüche sollen künftig nur noch nach Maßgabe der allgemeinen Verzugsregeln oder ab Klageerhebung verzinst werden.

Stärkung des Gläubigerantragsrechts (Änderung des § 14 InsO)

Mit der Änderung soll es leichter werden, die Fortsetzung der wirtschaftlichen Aktivitäten insolvenzreifer Unternehmen rechtzeitig zu unterbinden.

Den vollständigen Gesetzentwurf können Sie hier lesen (PDF).  

Wir begrüßen den Vorstoß des Bundesjustizministers sehr. Eine baldige Verabschiedung als Gesetz ist absolut wünschenswert.

Unser Fazit:

Grundsätzlich sollte jedes Unternehmen prüfen, welches individuelle Risiko besteht. Dazu stellen wir Ihnen auf Wunsch gerne den Kontakt zu einem Anwalt her, der auf die Niederschlagung von Anfechtungen spezialisiert ist und der einzelne Fälle für Sie bewertet.

Eine Insolvenzanfechtungspolicekann Ihr individuelles Risiko zudem abdecken und daher eine sinnvolle Ergänzung auch für Ihr Unternehmen sein.

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