19. Januar 2016

Auf Expansionskurs im Iran

Es ist soweit: Mit Abschluss des Atomabkommens der fünf UNO-Vetomächte und Deutschland mit dem Iran werden die seit Jahren geltenden Wirtschaftssanktionen fallen. Dem Iran hatten diese immer mehr zugesetzt, doch Gewinner können nun auch deutsche Unternehmen sein. Was müssen sie beachten?

Das Parlament in Teheran hat es sich nicht leicht gemacht, doch schließlich stimmten 161 der 233 Abgeordneten mit „Ja“ und gaben das neue Atomabkommen mit Wirkung mit dem 18. Oktober 2015 frei. Der Vertrag beinhaltet tiefgreifende Einschnitte bei der Urananreicherung, damit soll der Bau von Atombomben verhindert werden. Im Gegenzug darf die Nukleartechnologie für friedliche Zwecke, also zur Energiegewinnung, eingesetzt werden.

Und, ein sehr wichtiger Punkt: das seit 2007 bestehende Wirtschafts- und Finanzembargo wird aufgehoben. Zur Absicherung der westlichen Vertragspartner lässt der Iran künftig unabhängige Kontrolleure ins Land, die Einblick in die Atomstrategie erhalten. Sobald diese bestätigen, dass der Iran sich an das Abkommen hält, sind die Sanktionsmaßnahmen beendet.*

Aus politischer Sicht ist das sicherlich ein großer Erfolg – doch was bringt es der Wirtschaft? Nun, eine Aufhebung der Sanktionen bedeutet natürlich, dass sich hier ein Markt neu öffnet. Eine bessere Anbindung an den internationalen Handel hilft dem Iran, dem die Sanktionen finanziell und gesamtwirtschaftlich immer stärker zugesetzt hatten. Öl aus dem Iran wird wieder am Weltmarkt verkauft werden – die Einnahmen daraus im Land investiert werden können. Und gleichzeitig können deutsche Unternehmen ihre Beziehungen mit dem Iran wieder verstärken oder ganz neu aufbauen.

Die ersten deutschen Unternehmen strecken bereits ihre Fühler aus. Eine Reise des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums beispielsweise lockte einige Mittelständler nach Teheran – und erzeugte ganz offensichtlich Akquise-Pläne, wie etwa das lokale Blatt „Delmenhorster Kurier“ an dieser Stelle meldet. Auch Sigmar Gabriel reiste bereits im Juli mit einer Delegation deutscher Unternehmen nach Teheran. Immerhin: in den siebziger Jahren galt der Iran als das zweitwichtigster Exportland außerhalb Europas. Maschinen, Autos, Medikamente und vieles mehr: Die Iraner schätzten made in Germany.

Exporte in den Iran

Der Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) glaubt fest daran, dass an diese Erfolgsgeschichte anzuknüpfen ist: „Innerhalb von zwei Jahren können sich unsere Exporte dorthin auf rund fünf Milliarden Euro verdoppeln“, schätzte dessen Präsident Eric Schweitzer im Sommer – man sprach geradezu von Euphorie bezügliches Abkommens.

Problematisch dürfte aber die Regelung des Zahlungsverkehrs bleiben. Ein Neuaufbau des Finanzsystems, das es überhaupt möglich macht, Rechnungen zu bezahlen und bezahlt zu bekommen, sei auch laut DIHK zentral. Bislang war der Iran vom internationalen Geldverkehr abgeschnitten. Parallel dazu müssen die Sicherheitsnetze für die Exporteure gespannt werden. Derzeit können deutsche Exportgeschäfte noch nicht einmal durch staatliche Hermes-Bürgschaften abgesichert werden. Wir erwarten an dieser Stelle aber sehr bald Lösungen der Kreditversicherer.

„Wir stehen in den Startlöchern“, bestätigt Christoph Witte, Deutschland-Direktor der Credimundi Versicherung. „Sobald die wichtigen Sanktionen gelockert werden, können wir wieder Exporte in den Iran versichern. Entscheidend ist hierbei insbesondere, dass Beschränkungen für Geldüberweisungen von und nach Iran aufgehoben und dass iranische Banken wieder an SWIFT angeschlossen werden.“

Vorher sieht der sehr erfahrene Länderrisiko-Spezialist Witte aber ebenfalls erst einmal den Iran in der Pflicht: „In jedem Fall können Sanktionen erst gelockert werden, nachdem die IAEA bestätigt hat, dass die vereinbarten Bedingungen auch umgesetzt wurden.“

*Update vom 19. Januar 2016 / 1. März 2016: Die (meisten) Handelssanktionen wurden inzwischen aufgehoben. Weiter bestehen Sanktionen, die nicht mit dem Bau von Nuklearwaffen in Zusammenhang stehen, sondern wegen der Verletzung von Menschenrechten und Terrorismusfinanzierung verhängt wurden. Die Lage für Exporteure ist demnach nicht eindeutig – sie sollten genau hinschauen, ob das Partnerunternehmen im Land nicht doch noch auf der Sanktionsliste steht. 

Unser Fazit: Deutsche Unternehmer – insbesondere die Mittelständler – sollten sich keinesfalls von der Euphorie mitreißen lassen und allzu naiv in den neuen Markt hineingehen. Zunächst muss der Iran seine Hausaufgaben machen. Und auch auf Exportunternehmen warten ToDos, denn ohne gründliche Risikoprüfung und ggf. Absicherung ist die Gefahr von Zahlungsausfällen auch im Iran zu groß.

Wir beobachten für Sie den Markt und zeigen Ihnen Ihre Möglichkeiten bei Exporten in den Iran auf. Sprechen Sie uns an.  

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