19. Juni 2015

Limitzeichnung: Was, wenn ein Konzern seine Töchter verkauft?

Kürzlich wurde bekannt: Die Metro AG verkauft ihre Warenhauskette Galeria Kaufhof an die kanadische Hudson’s Bay. Was bedeutet die veränderte Eigentumslage für die Geschäftspartner von Kaufhof? Welche Auswirkungen hat dies auf deren Kreditversicherung? Wir bringen Licht ins Dunkel.

In der Vergangenheit haben wir immer wieder erlebt, dass Konzerne ihre Töchter ausgliedern:

2015: Galeria Kaufhof geht für 2,8 Milliarden Euro an Hudson’s Bay.

2015: Philips verkauft einen Großteil seiner Lichtsparte an eine Investorengruppe aus China und den USA.

2014: Der österreichische Immobilien-Investor René Benko übernimmt Karstadt.

2013: Siemens verschenkt Osram an seine Aktionäre.

2012: Google übernimmt die Handysparte von Motorola – und verkauft diese im Jahr 2014 wieder, diesmal an Lenovo.

2011: Hochtief geht mehrheitlich an den spanischen Baukonzern ACS. In den Jahren davor hatte ACS bereits Anteile übernommen.

2010: Für 1,3 Milliarden Euro verkauft Ford den Autohersteller Volvo an die chinesische Konkurrenz Geely.

2009: Edeka übernimmt 2300 Filialen der Discounterkette Plus.

2005: Die Metro-AG geht mit der Baumarktkette Praktiker an die Börse

2005: Siemens gibt seine Handysparte an BenQ ab.

… um nur einige Beispiele zu nennen, bei denen sich die Eigentumsverhältnisse eines Unternehmens durch Börsengang oder Verkauf veränderten. Mindestens genauso verunsichernd sind Vermutungen darüber, wer in Kürze Unternehmensteile veräußern möchte. Dass etwa der Douglas-Konzern die Buchhandelskette Thalia abstoßen möchte, wird seit vielen Jahren immer wieder erwartet. Oder, andere Branche: Im März diesen Jahres wurden Gerüchte laut, nach denen Wacker Chemie sich von seiner Halbleitersparte trennen will – inzwischen ist der Börsengang seiner Tochter Siltronic seit einer Woche Geschichte.

Risiken abstoßen – zu wessen Lasten?

Wenn Töchter zum Verkauf angeboten werden, dient das häufig der „Neuausrichtung“ des Konzerns. Die Gründe dafür sind ganz unterschiedlich: Keine oder zu geringe Zukunftsaussichten, schlechte Ertragslage –  oder es soll schlichtweg das Unternehmensrisiko der jeweiligen Mutterkonzerne gemindert werden. Für Zulieferer, Großhändler und Geschäftspartner, die diese Unternehmen mit Waren und Dienstleistungen unterstützen, steigt die Unsicherheit über die Folgen für ihre Auftragslage und damit die Zukunft ihres eigenen Unternehmens jedoch an. Im Klartext: Hier kommen neue Risiken hinzu.

Im Fall Kaufhof dürften die Geschäftspartner und Lieferanten zunächst aufatmen: Hier ging es nicht um die Abspaltung schwächelnder oder gar verlustreicher Unternehmensteile. Vielmehr wurde die schöne Warenhaustochter inklusive ihres Immobilienbesitzes mit Kaufangeboten geradezu umworben. In den letzten Wochen lieferten sich die Bieter einen regelrechten Wettstreit, den Zuschlag erhielt schließlich Hudson’s Bay. Angeblich soll auch sein Mitbewerber – der Karstadt-Eigentümer Signa – in Höhe des Kaufpreises von 2,8 Milliarden Euro geboten haben.

Hudson’s Bay mit guten Vorzeichen

Und auch die ersten Meldungen zum Kauf versprechen Konstanz bzw. gar Wachstum: Offensichtlich soll es weder Stellenstreichungen und Standortschließungen noch einen Managementwechsel geben. Stattdessen will Hudson’s Bay die Galeria Kaufhof-Filialen als Sprungbrett für seine Expansion in Europa nutzen. Gute Nachrichten für alle, die seit Jahren mit Kaufhof zusammenarbeiten. Und gute Nachrichten für alle Beschäftigten und Kunden des Hauses.

Attraktiv sind die 120 deutschen Waren- und Sportartikelhäuser sowie 16 „Galeria Inno“-Filialen in Belgien allemal. Nach Umsatzeinbrüchen in den Neunziger Jahren konnte man die Kunden durch Shop-in-Shop-Abteilungen und Markenmode wieder anlocken, zudem verzahnte man Online- und Filialgeschäft durch ein Multichannel-Konzept. Rund 2 Millionen Kunden täglich besuchen heute die Kaufhof-Filialen, um dort jährlich mehr als 3 Millarden Euro auszugeben.

Als ältestes Unternehmen Kanadas überhaupt verspricht Hudson’s Bay nun eine besonders weitsichtige Geschäftstüchtigkeit. Der Handelskonzern führt 90 Warenhäuser, und auch hier öffnete man sich u.a. durch Filialumbauten neuen Kundensegmenten und meisterte dadurch Umsatzrückgänge. Seit 2012 ist der Mutterkonzern börsennotiert.

Bei Übernahmen: Über Nacht zur schlechten Bonität – und höreren Risiken

„In der Vergangenheit haben wir bei Unternehmensverkäufen allerdings schon häufiger erlebt, dass aus einer einst guten Unternehmensbonität über Nacht eine schlechte Bonität wurde“, warnt VIA-Geschäftsführer Frank Otto jedoch. „Da hilft es in der Regel schon, wenn man im Vorfeld für genügend Deckungsschutz bzw. Limite gesorgt hat. Und da Bestandslimite immer Vorrang vor neuen Limiten haben, ist man vor Überraschungen gefeit.“

Um die neue Risikolage also schlüssig einzuschätzen, müssen jetzt erst einmal Hausaufgaben gemacht werden – und zwar von den Lieferanten und Dienstleistern der Kaufhof AG genauso wie von den jeweiligen Kreditversicherern, die die Geschäfte absichern. Es gilt, die neue Mutter gut kennenzulernen. Faktoren wie der konkrete Zahlprozess der Kaufsumme zählen dazu genauso wie die Strategie des Investors. Erst nach Prüfung dieser und weiterer die Bonität beeinflussender Punkte kann sich der Versicherer ein Bild über die wirtschaftliche Stärke von Hudson’s Bay sowie seiner neuen Tochter Kaufhof machen.

Wir empfehlen unseren Kunden, sich bei Übernahmen oder Verkäufen rechtzeitig Limite bei ihren Kreditversicherern zu sichern. Damit ist man stetig über das Unternehmen informiert und kann folglich seine eigene Geschäftstätigkeit besser planen. Im aktuellen Fall „Kaufhof“ darf man zudem nicht vergessen: Der Einzelhandel ist nach wie vor ein sehr schwieriger und konjunkturabhängiger Markt – man erinnere sich nur an das „blaue Auge“, was sich beispielsweise der US-Handelsgigant Walmart hierzulande holte.

Arbeiten Sie mit Kaufhof zusammen? Wenden Sie sich an uns, wir unterstützen Sie gern dabei, Ihre benötigten Limite zu zeichnen und eventuelle Forderungsverluste zu vermeiden.

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