29. November 2019

Endspurt: Der Einzelhandel vor dem Weihnachtsgeschäft

Vor uns liegen die dreieinhalb Wochen, die noch einmal alles aus dem Jahr herausholen sollen. In denen der Einzelhandel – online wie offline – noch einmal die Shops auf Hochglanz poliert und mit Schnäppchen und Glitzer die Kauflust der Menschen steigern will: das Weihnachtsgeschäft.

Mit dem Cyber Friday beginnt die Geschenkeschlacht allerspätestens: Seit einigen Jahren bereits hat sich der aus den USA importierte Schnäppchenrausch um Thanksgiving auch hierzulande ausgebreitet. Wenige Wochen vor Weihnachten werden bereits eifrig Lego-Sets und Kaffeevollautomaten, Perlenketten und Bücher geordert. Von den folgenden Wochen bis Weihnachten erhoffen sich einige Branchen eine beträchtliche Steigerung ihres Jahresumsatzes. Und bei einigen Händlern ist dies auch bitter nötig.

Fokus: Spielzeug

Für mehr als drei Milliarden Euro kaufen die Deutschen Spielzeug und Babyausstattung – jedes Jahr. Selbst 2018, als mit Toys’r’Us ein weltweit agierender Mega-Händler in die Insolvenz ging und erst in den USA sowie schließlich auch in Deutschland sämtliche Filialen schließen musste, blieb der Absatz stabil. In dieser Saison versprechen eine Reihe neuer Kinofilme wie Frozen, Toy Story oder Captain Marvel ein lukratives Geschäft mit Lizenzprodukten. Dazu kommen neue, spannende Spielwelten, mit denen sich beispielsweise mit Robotern und Künstlicher Intelligenz experimentieren lässt. Das sind die guten Nachrichten für die Spielzeugbranche. Die schlechte heißt wie so oft: Online wächst, Offline schrumpft. Der klassische Spielzeugladen – romantisiert als Ort glänzender Kinderaugen sowie leidenschaftlicher Fachsimpeleien über Brettspiele, Modelleisenbahnen und Puppenkleidung – wird immer seltener frequentiert. Gerade mal 30 Prozent der Umsätze landen in den kleinen Läden unserer Fußgängerzonen. Rund 40 Prozent dagegen im Internet, schätzt der BVS Handelsverband Spielwaren. Konkurrenz kommt zudem von Drogerieketten und Discountern, die zum Weihnachtsgeschäft Spielzeugklassiker wie Puppenhäuser sowie Trends wie Disney-Merchandising in ihr Sortiment aufnehmen.

Die Spielzeughersteller indes verbreiten Optimismus: Sie wissen, dass in den nächsten Wochen noch rund 40 Prozent ihres Jahresumsatzes eingehen – der Absatzkanal spielt da eine untergeordnete Rolle. Trotzdem müssen sie auch 2020 ihre Nase in den Wind halten und Trends erspüren. Sonst geht es ihnen wie Kettler. Das Unternehmen ging im Sommer 2019 zum vierten und letzten Mal in die Insolvenz und am Jahresende die Produktion einstellen.

Fokus: Sportartikel

Dabei produzierte das Traditionsunternehmen nicht nur das Kultfahrzeug Kettcar, sondern auch eine breite Auswahl an Cardio- und Kraftsportgeräten. Warum gelang es nicht, von der jährlich wachsenden Fitnessbranche zu profitieren? Schließlich ist in diesem Markt ist viel Musik: Knapp acht Milliarden Euro gaben die Deutschen im Jahr 2017 für Sportbekleidung, Sportschuhe, Geräte und Outdoor-Equipment aus. Seit 2012 wächst der Umsatz um durchschnittlich 4,3 Prozent pro Jahr. Als bester Händler schneidet mit einem Nettoumsatz von rund 470 Millionen Euro Decathlon ab. Die französische Handelskette setzt auf Niedrigpreise mit starken Eigenmarken sowie auf beide Absatzkanäle – offline in großen Filialen, online im komfortablen, zeitgemäßen Online-Shop.

Fokus: Elektronik, Kleidung und Bücher

Weniger Fernsehgeräte, weniger Smartphones, dafür aber Zuwächse bei Haushaltsgeräten wie Kühlschränke und Mixstäbe – das ist der Status Quo der Sparte „Consumer Electronics“. Insgesamt kommt man für die ersten drei Quartale des Jahres – laut Handelsverband Technik, Branchenverband gfu und den Marktforschern der GfK – auf minus 3,2 Prozent. In der Unterhaltungselektronik allein sind es sogar minus 6 Prozent. Damit wäre im Weihnachtsgeschäft noch etwas aufzuholen.

Wie die Hersteller und Händler von Elektrogeräten und Elektronik hoffen sicherlich auch die Modehersteller auf ein starkes Weihnachtsgeschäft. Die Branche ist schon seit einigen Jahren unter Druck, immer wieder kam es zu Stellenstreichungen und Insolvenzen. Zuletzt berichteten wir über längere Zahlungsziele, die die Kreditversicherer für die Textil- und Bekleidungsbranche verzeichnen. Einmal kräftig durchgeschüttelt wurde in diesem Jahr auch die Buchbranche. Mit der Insolvenz des Barsortimenter KNV war für einige Wochen der komplette Fortbestand des deutschen Buchhandels mit einem Fragezeichen versehen. Verlage warteten auf ihre Umsätze, Buchhandlungen auf Lieferungen. Mit der Übernahme der KNV durch den Berliner Logistiker Zeitfracht scheint nun alles wieder in ruhigerem Fahrwasser angekommen zu sein – und die Buchbranche hofft auf die (üblicherweise starken) Weihnachtsumsätze.

Was wir über Konsumenten wissen

Quer über alle Branchen gilt: Das Internet geht nicht mehr weg. (Lesen Sie dazu auch unseren Artikel aus dem Archiv: „Nur nicht offline gehen“) Insbesondere die jüngere Generation – nämlich 75 Prozent der sogenannten Millenials – bummelt zwar gerne durch die Läden, kauft aber online, sagt eine aktuelle Studie des Unternehmens Zebra Technologies. Dies begründet Zebra mit einem mangelhaften Bestandsmanagement und den „daraus resultierenden Regallücken“. Die Auswahl stimmt also einfach nicht mit den Erwartungen der Kunden überein.

Dabei sind die Prognosen hervorragend: Der Handelsverband Deutschland (HDE) rechnet mit der Überschreitung der 100 Milliarden Umsatzmarke. 2018 lag der Umsatz im November und Dezember bei rund 99,4 Milliarden Euro. Die Angst vor Rezession und Entlassungen ist demnach noch nicht im Kopf bzw. Portemonnaie der Bürger angekommen. Klar ist aber auch: Sale-Aktionen wie der Black Friday oder der Cyber Monday verschieben Käufe ins Netz. Die lokalen Händler sind nicht grundlos beunruhigt, schließlich müssen klassische Weihnachtsgeschenke nur einmal angeschafft werden. Und wenn Eltern beispielsweise das eingangs erwähnte Lego-Set im Online-Shop bestellen, fehlt dem Spielzeughändler in der Fußgängerzone der Umsatz. Den Negativeffekt vorgezogener Weihnachtseinkäufe beschreibt auch Stefan Hertel vom Handelsverband Deutschland (HDE).

Weihnachtsgeschäft
Wollen auch Sie vom Weihnachtsgeschäft profitieren? Bild Unsplash.com

Wie Sie handeln sollten

Überlassen Sie das Geschäft nicht Ihrer Konkurrenz im Web, sondern bieten Sie Ihren Kunden exakt den Service, den sie wünschen. Das Modell „Click & Collect“ beispielsweise erfreut sich zunehmender Beliebtheit: Dabei können Kunden online bestellen, ihre Ware aber schließlich in einem Ladenlokal abholen. Diese Vorgehensweise erhöht das Warenangebot und lockt die Kunden in die Filiale. Der Kunde wiederum muss nicht auf den Paketboten warten (und eventuell seinem Paket hinterherjagen) und kann bei Bedarf auch weitere Beratung durch den Händler vor Ort in Anspruch nehmen.

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