9. Juli 2018

Dieselfahrverbot in deutschen Innenstädten

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  1. Ganze Branchen in Gefahr

Ganze Branchen in Gefahr

Am 1. Januar 2019 soll es soweit sein: Kein älterer Diesel darf mehr in die Innenstadt von Aachen. Damit ist die Stadt an der Länderdreieck Deutschland-Niederlande-Belgien die zweite deutsche Großstadt nach Hamburg, in der ein Dieselfahrverbot Wirklichkeit werden soll. Nicht nur der Einzelhandel ist entsetzt.

Niemand hat in Aachen die Absicht, ein Dieselfahrverbot auszusprechen. Und dennoch wird der Stadt vermutlich nichts anderes übrig bleiben, denn sowohl die saubere Luft als auch der geforderte Luftreinhalteplan, den die Bezirksregierung vorlegen soll, bleiben schlichtweg aus. Also befand das Verwaltungsgericht Aachen Anfang Juni, dass ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge wahrscheinlich das einzige Mittel bliebe, um die Stickoxid-Grenzwerte bis Anfang 2019 einzuhalten. Diese nämlich sind in Aachen – einer Kurstadt, das sei am Rande erwähnt – seit Jahren zu hoch. Das gerichtlich angeordnete Fahrverbot für Diesel in Aachen wird vermutlich nur der Auftakt für eine Reihe von Urteilen sein.

Sollte das Fahrverbot wirklich kommen, müssen weite Bereiche des Stadtgebiets für viele Diesel-Fahrzeuge gesperrt werden. Ob bestimmte Straßenzüge oder die komplette bereits bestehende Umweltzone betroffen ist, wird sich noch herausstellen. Beantwortet werden muss auch noch die Frage, welche Diesel noch fahren dürfen. Vor den Stadttoren parken müssen sicherlich Diesel bis einschließlich Euro 4-Norm, ab Herbst 2019 ist auch ein Verbot bis einschließlich Euro 5-Norm wahrscheinlich. Weiter in die Stadt fahren dürfen Diesel mit Euro 6-Norm.

Dieselfahrverbot
Ein Angriff auf den Handel und die gesamte Wirtschaft, sagt man (nicht nur) in Aachen. In der ganzen Städteregion fahren Anfang 2018 gerade einmal 381 Elektroautos, dafür aber 33.250 Diesel-Pkws mit Euro-Norm 1 bis 4. (Quelle)

Eines ist aber klar: Nicht nur die Einzelhändler, sondern auch die allermeisten Bürger sowie natürlich die ansässige Wirtschaft sind alles andere als begeistert. Stimmen die meisten Aachener zwar zu, dass sie gerne frische und saubere Luft atmen, so leiden sie eben auch unter den Einschränkungen eines Fahrverbots. Familien, die sich keine teure Umrüstung (oder gar ein neues Auto) leisten können, klagen genauso wie die vielen Ladenbesitzer der Kaiserstadt, die in den letzten Jahren schon zu viele Kunden an die benachbarten niederländischen Shoppingstädte mit Sonntagsöffnung verloren haben. Wenn die Innenstadt gesperrt wird, fürchten sie, fahren noch mehr Aachener nach Maastricht, Heerlen oder Lüttich.

Auch viele andere kleine und mittlere Unternehmen – vom Handwerker bis zum Paketdienst – fragen sich, wie sie ihr Geschäft weiterführen und für Kunden und Geschäftspartner erreichbar bleiben sollen. Ein Bild, dass deutschlandweit gilt: Laut einer Umfrage fürchtet mehr als die Hälfte der Mittelständler Umsatzeinbußen in den Innenstädten.

Mit dem Umsatzrückgang einher geht ein Gewinnrückgang oder gar eine Verlustsituation für viele Unternehmer – die Angst vor Geschäftsaufgaben oder Insolvenzen ist schon jetzt greifbar. Viele Einzelhändler leiden auch ohne Dieselfahrverbot seit Jahren unter den zu hohen Mieten und rückläufigen Umsätzen – nicht nur in Aachen. (Wir berichteten.) Auch in Aachen gibt es ehemals belebte Straßenzüge, deren Boutiquen und Cafés inzwischen geschlossen sind. Und während vor knapp zwei Jahren eine neue Shoppingmall eröffnet wurde, ist in einem anderen Einkaufszentrum am Rande von Aachen aktuell schon viel Leerstand zu begutachten.

Der Gewinner dieser Krise sind die Online-Shops. Auf eine Lösung zu hoffen, um diesem Verbot für Aachen zu entgehen, scheint jedoch aussichtslos. Da ist es doppelte Ironie, dass ausgerechnet in Aachen sehr erfolgreich zu E-Mobility geforscht wird und mit e.Go und StreetScooter gleich zwei hochinnovative und erfolgreiche Elektrofahrzeughersteller ansässig sind.

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1 Kommentar zu diesem Artikel

  • Es ist schon fast traurig, wie wenig der Autostaat Deutschland da an seine eigenen Firmen und Bürger denkt. Wer vorher noch einen Diesel gekauft hat, hätte nicht besser sein Geld verbrennen können. Und dann mal schnell verkaufen ist auch nicht immer möglich. Da kann man nur hoffen, dass man mit einem Auto Export vielleicht irgendwohin verkaufen kann, wo die Verbote nicht sind und man einen höheren Wert erzielen kann.

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